Dr. Edmund Berndt

Atterseestr.57

4860 Lenzing

 

Vizekanzler

Dr. Wolfgang Schüssel

Minoritenplatz 3,

1014 Wien                                                                         Lenzing, am 5.9.1999

 

 

Betreff: Entsorgung ausrangierter Gesetzestexte

7. Entsorgungslieferung nach dem „67. Nachtrag und Berichtigung der Gesetze und Verordnungen für die österreichischen ApothekerInnen" Juli 1999

 

 

Hochgeehrte Exzellenz!

 

 

Wie exakt geplant, sind noch rechtzeitig viele weitere Gesetze und Vorschriften erlassen worden, und 114,96 Gramm hochwertvolles und inhaltsschweres Gesetzpapier konnten wieder einer Zwischenentsorgung zugeführt werden. Dank gebührt Ihnen und ihresgleichen, denn nicht einmal schicksalsschwere Urnengänge konnten der Produktivität etwas anhaben. Und ich vermute hoffentlich nicht fehl, daß Sie sich mit diesen Leistungen noch nicht verabschieden werden.

 

Angesichts der ungeheuren Zahl von Buchstaben gedruckt auf lediglich ein paar dag Papier kommt man ins Philosophieren. Wenn schon mit der Einsteinschen Formel, Sie wissen Exzellenz, die Gleichung E = mc2, mit nur 5 Zeichen die Welt besser erklärt wird, als jemals zuvor, kann man dann nicht mit recht erwarten, daß mit den tausenden immer wieder erneuerten Zeichen mehr als nur die Geheimnisse von Zeit, Raum und Bewegung erklärt werden.

 

Zur Chipkarte ist nicht viel zu sagen. Ordentliche und fleißige Mediziner bedienen sich schon längst des Computers. Wenn nun ein Patient so eine Ordination betritt, tippt die Sprechstundenhilfe ein paar Buchstaben und der Patient und seine gehabten Beschwerden sind quasi on line. Das heißt, wenn nicht mehr auf dieser Chipkarte drauf ist, als auf einer gewöhnlichen Visitenkarte, ist das reichlich wenig und ich muß den Ärzten in ihrer Kritik in diesem Punkt nur rechtgeben. Zwar sind viele Anwendungen, Einsparungsmöglichkeiten und auch Verbesserungen der Sicherheit denkbar und wünschenswert, auch in der Apotheke, aber die Datenschützer wollen das nicht. Nun könnte man daran denken, wie man mit finanziellen Anreizen bzw. mit erhöhten Selbstbehalten das System zum Laufen bringt, und die Vorzüge von z.B. Datenbanken in Medizin, Pharmazie und Versicherung nützen kann. Ich glaube, daß das letztendlich auch billiger ist, aber als gelernter Österreicher muß ich damit rechnen, daß die Verhinderer, als ausschlagebende Wählerminderheit, die Kosten ihrer z.T. schon recht eigenwilligen Wünsche nach Anonymität und Datenschutz nicht extra bezahlen werden müssen, sondern dafür auch noch Geld bekommen werden.

 

Schon jetzt wage ich die Behauptung, ohne daß noch irgend etwas aufgefallen oder sonstwie ruchbar geworden wäre, daß die Beschaffung der Hard und Software diffizil wird sein. Es gibt so viele Günstlinge und nahestehende Firmen, die es wert sind, bedacht zu werden. Mit der bewährten Hilfe von vorgestrickten Leistungskatalogen, angepaßten Ausschreibungen und verpflichteten Durchführungsgesellschaften und ähnlichem wird es schon gelingen, den nächsten Skandal zu sichern. Allerdings ist das noch keine g’mahte Wies’n. Die Unterstützungsaktion kann auch schiefgehen, aber nicht der Justiz wegen. Das Sozialversicherungssystem ist durch Steinzeitbürokratie und Chefarztzirkus ganz ausgezeichnet gegen Veränderungen und Einsparungen resistent, und ist Arbeitgeber nicht weniger verdienter Funktionäre aus Kammern und Verbänden. Und denken Sie bitte an die Hundertschaft der Chefärzte, der Büromediziner, die täglich mittels Stempel von Krankheit heilen und das Weh lindern. Kürzlich wurde den OÖ-Apothekern mitgeteilt, daß man nicht immer imstande sei, die selbstauferlegten Vorschriften so fix zu erledigen, wie man es von den Untertanen erwartet. Wir wurden angehalten, nicht zu viel auf einmal zum Stempeln zu bringen. Außerdem wurde uns eingeschärft, daß die Verwendung moderner Kommunikationsmittel wie Fax unzulässig ist, und daß es kein E-mail gibt. Sie sollten sich einmal unerkannt, so wie der berühmte Kalif aus Bagdad, in die Krankenkasse begeben, oder mit mir mitgehen, um zu sehen, was los ist und wie das Volk getriezt wird. Mit dezenter Krawatte und dunkler Brille sollten Sie unauffällig bleiben.

 

Mit der nach den Gesetzen geziemenden Hochachtung!

Dr. Berndt, Apotheker und Untertan

 

 

 

 

 

 

Daten zur Statistik:                61. Nachtrag   117,9g

                                                           62. Nachtrag     63,5g

                                                           63. Nachtrag   154,0g

                                                           64. Nachtrag     91,1g

Jahresproduktion 1998 pro Apotheke                                  526,5g

 

                                                           65. Nachtrag   145,3g

                                                           66. Nachtrag   202,4g

                                                           67. Nachtrag   115,9g    relevantes Gesetzpapier

bis dato Produktion 1999                                                      463,6g

 

Anlage: 1 Packerl alter Gesetzesblätter zur Durchsicht und Entsorgung